Energiekrise: Kosten um 600% gestiegen
Die gestiegenen Energiekosten setzen das industrielle Erbe Europas aufs Spiel. Ein Interview mit Christian Krapf, Geschäftsführer der duka AG.
Herr Krapf, wie hat sich die Stromrechnung bei der duka-Gruppe in diesem Jahr verändert?
Strom- und Gasrechnung sind innerhalb eines Jahres nahezu um 600% gestiegen. Für unsere Unternehmensgruppe (hier haben wir über duka berichtet) bringt dies jährliche direkte Strommehrkosten von ca. 5-6 Mio. Euro mit sich – insbesondere unser Glasbearbeitungswerk in Norditalien ist davon stark betroffen.
Wie haben sich die hohen Energiepreise auf das Unternehmen ausgewirkt?
Neben den direkten Strommehrkosten für unseren laufenden Betrieb steigen auch die Einkaufspreise unserer eingesetzten Materialien rasant. Insbesondere bei Glas, Aluminium und Verpackung kommt es zu nie dagewesenen Preissprüngen. Der Grund liegt hier wiederum bei Gas bzw. Strom: so werden zum Beispiel die Glasöfen, in denen das Glas hergestellt wird, direkt mit Gas betrieben. Zum Teil konnten wir die Preiserhöhungen an unsere Kunden weitergegeben – jedoch zeitversetzt und nicht vollumfänglich.
Eure Unternehmensgruppe ist sehr stark auf internationale Märkte ausgerichtet: wie sieht es mit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit aus?
Wir setzen auf regionale Lieferketten und kaufen unsere Materialien hauptsächlich in Italien und Österreich ein. Nun sind wir auch insbesondere betroffen, da die Energie- sowie Gaspreisexplosion hauptsächlich Mitteleuropa betrifft. Amerika, China und sogar andere europäische Staaten wie Spanien und Portugal, wo der Energiepreis gedeckelt wurde, zahlen einen Bruchteil unserer Kosten.
Welche Auswirkungen könnte diese Krise in den kommenden Monaten haben, wenn sich die Situation nicht ändert?
Die Familien können sich das heutige Leben morgen nicht mehr leisten. Dies bedeutet, dass sie die nicht notwendigen Ausgaben kürzen werden, und der Konsum zusammenbricht. Zudem sehe ich die europäische Wettbewerbsfähigkeit, das „industrielle Erbe“ und den damit verbundenen Wohlstand in Mitteleuropa in Gefahr. Es ist einfach nicht möglich, dass wir für Energie und Produktion das X-fache zahlen – da sind wir nicht mehr konkurrenzfähig! Damit werden dann die nachhaltigen europäischen Liefer- und Kompetenzketten aus Kleinst-, Mittel- und Großbetrieben stark hinterfragt werden. Ein Paradox, zumal genau diese sich während der Corona-Krise bewährt haben und die Zurückholung der Produktion als strategischer Baustein formuliert wurde.
Wie kann man dieser Energiekrise entgegenwirken? Was konkret habt ihr als Unternehmen schon gemacht?
2020 haben wir extrem auf den Ausbau erneuerbarer Energie gesetzt und mit 2022 schon ca. 4 Megawatt auf den Dächern installiert. Weitere Investitionen auf Freiflächen sind in Überprüfung. Zudem haben wir ein einzigartiges Projekt in Zusammenarbeit mit der Firma Alupress umgesetzt: Mit der Entnahme von Flusswasser kühlen wir unser Gebäude, die Abwärme der Firma Alupress nutzen wir zum Heizen.
Was erwartet ihr euch von der Politik?
Von der Politik erwarten wir uns eine einheitliche Marschroute zur Energiewende mit konkreten Zielen und Aufgaben für die nächsten 3 Jahre – sei es für die Menschen wie auch für die Unternehmen. Wir sind dann wiederum gefordert, alle an einem Strang zu ziehen und gemeinsam dafür zu arbeiten.
Zugleich gilt es auch kurzfristig, d.h. in den nächsten Wochen, zu handeln. Wir müssen den Wettbewerbsnachteil Mitteleuropas gegenüber Amerika, China und sogar anderen europäischen Ländern eliminieren. D.h. es gilt den Preis für Energie sowie Gas auf ein rationales Niveau zu bringen, z.B. durch Entkoppelung des Strompreises vom Gaspreis, und – falls das kurzfristig nicht geht – durch Schutzmechanismen auszugleichen.
Schaffen wir das nicht, bröckelt unser industrielles Erbe: Unsere Wertschöpfungsketten aus Kleinst-, Mittel- und Großbetrieben, welche zu einem großen Teil für den europäischen Wohlstand stehen, verlieren an Bedeutung und unser „altes“ Europa wird zum größten Verlierer in den nächsten Jahrzehnten gehören.