Persone

Eigenen Weg gefunden

24 August 2020

Manuela Bertagnolli ist Präsidentin der Jungunternehmer und Marketingverantwortliche im Familienbetrieb Karl Pichler AG in Algund. Eine junge Frau, die mutig ihren Weg geht.

„Die Frauengenerationen vor uns haben viel geleistet, unsere Generation muss dies weiterführen“, sagt Manuela Bertagnolli. „Was ich mir wünsche ist, dass sich Frauen trauen, Neues zu machen, die Komfortzone zu verlassen und sich auch mehr zutrauen und so ihren eigenen Weg finden“, meint die 37-jährige, die seit kurzem Präsidentin der Jungunternehmer im Unternehmerverband ist.

Familienunternehmen Karl Pichler AG

Manuela Bertagnolli (rechts) hat den Eintritt ins Familienunternehmen nie bereut (v.l.): Opa Karl Pichler, Vater Roland Bertagnolli, Mutter Renate Pichler und Onkel Christian Pichler. © Ulrich Egger

Seit 2013 ist sie im Familienbetrieb Karl Pichler AG in Algund tätig. „Meine Eltern haben mir alle Freiheiten gelassen und mich nie gezwungen oder gedrängt, in das Familienunternehmen einzusteigen. Als Kind ist es mir immer eher auf die Nerven gegangen, wenn bei jeder Familienfeier irgendwann die Sprache auf den Betrieb gekommen ist. Irgendwann hab ich es dann aber interessant gefunden“, erinnert sich Manuela.

Prägende Erfahrung Australien

Zuvor hat sie aber jede Menge Erfahrung gesammelt. Zum Studieren ist sie nach Innsbruck gegangen – internationale Wirtschaft. Besonders geprägt hat sie dabei das Auslandsjahr in Australien. „Das Land hat mich immer fasziniert, obwohl ich davor noch nie dort war. Ich hab mir meinen Aufenthalt selbst organisiert, eine Riesenherausforderung, an der ich aber persönlich stark gewachsen bin.“ Im Juli schrieb sie die letzte Prüfung in Innsbruck, dann ging es als „Free Mover“ los nach Sydney, wo sie dann aufgrund der unterschiedlichen Jahreszeiten sofort mit den Vorlesungen beginnen musste. „Anfangs bin ich mit dem Wörterbuch in der Vorlesung gesessen. Ich hab mich dann ordentlich dahintergekniet und für das 2. Semester sogar ein Leistungsstipendium bekommen“, ist sie zurecht stolz.

Der Aufenthalt in Australien hat ihren Horizont erweitert, ihr zu verstehen gegeben, wie die Welt tickt.

Immens bereichernd war für sie zudem, andere junge Menschen aus der ganzen Welt kennenzulernen. Gemeinsam mit ihrem damaligen Freund und heutigen Ehemann, der mit ihr in Australien war, teilte sie so z.B. eine Wohnung mit sechs amerikanischen Studenten. „Wir haben viele Freunde aus der ganzen Welt gefunden, die wir auch immer wieder besucht haben. Dabei ist auch meine Leidenschaft zum Reisen entstanden.“

Eigene Erfahrung sammeln, eigenen Weg gehen

Nach dem Abschluss des Studiums wollte sie erst einmal ihre Möglichkeiten austesten. „Ich wollte wissen, was ich wert bin.“ Wobei sie unumwunden zugibt, in der privilegierten Lage gewesen zu sein, immer einen Plan B zu haben: wenn alle Stricke reißen, gibt es immer noch das Familienunternehmen. Doch dieser war nicht notwendig – sie bewarb sich bei Swarovski, wo sie als Training Manager zu arbeiten begonnen hat. „Das Unternehmen bot mir tolle Möglichkeiten, ich ging dann ins Produktmanagement, wurde zur Führungskraft ausgebildet, konnte viel international reisen“, erinnert sie sich heute noch gerne an ihre Anfangsjahre zurück. Nach sieben Jahren Wochenendbeziehung entschloss sie sich dann aber, nach Südtirol zu ihrem Mann zurückzukehren. „Ich bin einfach überzeugt, dass Karriere nur funktionieren kann, wenn der private Rückhalt da ist.“

Zurück in Südtirol

Sie fand eine Stelle bei Thun, wo sie für den Bereich Schmuck verantwortlich war. „Eine spannende Zeit, doch als mich meine Mama und mein Onkel gefragt haben, ob ich Lust habe, im Marketing im Familienbetrieb mitzuarbeiten, hat es sich richtig angefühlt.“ Und so entschied sie, diesen Weg zu probieren: „Wenn es nicht meins ist, dann finde ich es zumindest heraus.“ Sie begann als normale Mitarbeiterin im Marketing und übernahm dann nach einiger Zeit die Funktion als Marketingleiterin. „Meine Erwartungen wurden übertroffen. Es ist ein anders Level, wenn man sich für den Familienbetrieb einbringen kann.“

Neue Corporate Identity

Eines ihrer ersten Projekte war es, der Marke ein neues Kleid zu geben. „Unser Logo war seit 60 Jahren, also, seit mein Opa das Unternehmen gegründet hat, immer mehr oder weniger gleich. Meine Familie war sehr offen, und so haben wir das Logo komplett umgestaltet. Die positiven Rückmeldungen der Stake- und Shareholder waren eine enorme Genugtuung für mich. Damit haben wir dann auch viel in Bewegung gesetzt, eine neue Internetseite ist z.B. entstanden und ein komplett überarbeiteter Onlineshop.“

Gläserne Decke?

Im Laufe ihrer Karriere hat Manuela allerdings auch die Erfahrung gemacht, dass für Frauen nach wie vor eine gläserne Decke vorhanden ist. „In den frauendominierten Branchen, in denen ich war, war die Führungsspitze mit Männern besetzt. Als Frau muss man sich seinen Platz durch Leistung und Kompetenz erkämpfen. Seit ich selbst Mami bin, merke ich noch viel mehr, wie groß die Herausforderung ist, Beruf und Familie zu vereinbaren. Das ist nur möglich, wenn das Umfeld mitspielt, in allererster Linie muss das der Partner sein. Es funktioniert nur als Team.“

Herausforderung Coronazeit

In der Coronazeit, als die Betreuung ihrer fast 2-jährigen Tochter durch die Tagesmutter wegfiel, und im Homeoffice gearbeitet wurde, ist sie an ihre Grenzen gestoßen, wie sie unumwunden zugibt. „Umso mehr schätze ich es nun, wieder normal arbeiten zu können. Für mich bedeutet meine Arbeit Verwirklichung, und sie gehört zu meinem Leben, ebenso wie meine Familie.“

Präsidentin der Jungunternehmer

Eingebremst wurde durch Corona auch die Tätigkeit der Gruppe der Jungunternehmer, der sie seit Anfang des Jahres vorsteht. „Ich hatte ein kleines Kind, im Betrieb gab es große Herausforderungen, aber ich wollte diese Aufgabe unbedingt machen. Ich habe einen tollen Direktivrat – 6 Frauen, 7 Männer – der mich bei der Aufgabe perfekt unterstützt. Der Mix macht es aus, und nun können wir hoffentlich auch hier endlich mit unserem Programm durchstarten.“