Aziende

Der Mensch im Mittelpunkt

30 Juli 2019

Beim Thema Nachhaltigkeit geht es vor allem um Werte, sagt Ruth Oberrauch, Head of Sustainability der Oberalp-Salewa Gruppe.

Wir treffen Ruth Oberrauch im Headquarter der Oberalp-Salewa Gruppe in Bozen Süd. Im Gespräch mit der jungen Boznerin wird bald klar: Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Vor allem aber geht es darum, Verantwortung zu übernehmen: gegenüber den Mitarbeitern, den Lieferanten und deren Arbeitern, den Kunden, der Umwelt, der eigenen Heimat. Verantwortung gegenüber dem gesamten Umfeld, in dem sich ein Unternehmen bewegt. „Im Mittelpunkt steht dabei immer der Mensch. Es geht um Werte und in unserem Unternehmen liegt der Wert bei den Personen und nicht bei ihren Funktionen“.

Ruth Oberrauch, Head of Sustainability bei Oberrauch-Salewa

„Eine mittel- und langfristige Strategie ist entscheidend“

Es war Ruth Oberrauch, die 2012, also vor sieben Jahren, das Bekenntnis zur Nachhaltigkeit in eine Unternehmensstrategie umgesetzt hat. „Wir haben damals eine Arbeitsgruppe gegründet, in der Experten aus den verschiedenen Bereichen vertreten waren, und gemeinsam definiert, wo unsere Schwerpunkte liegen, wie wir in den verschiedenen Bereichen das Thema Nachhaltigkeit berücksichtigen sollten und wie wir diese Schritt für Schritt angehen sollten.  Mit der Zeit hat sich daraus ein eigenes „Sustainability Team“ mit drei Mitarbeitern entwickelt: Experten in den verschiedenen Bereichen, die den Rahmen vorgeben und eng mit den einzelnen Abteilungen zusammenarbeiten und diese bei der Umsetzung  unserer Ziele unterstützen. Heute ist Nachhaltigkeit in den verschiedenen Unternehmensprozessen integriert, so werden bei der Auswahl von Lieferanten Arbeitsbedingungen und soziale Standards berücksichtigt,  in der Produktentwicklung wird in neue ressourcenschonende Materialien  investiert etc.  Die Basis dabei war der sorgsame Umgang mit Ressourcen: dieser Grundwert wurde in unserer Familie und unserem Unternehmen immer schon gelebt“.

Entscheidend war die Festlegung klarer Ziele: „Wir wollten einen mittel- und langfristigen Plan entwickeln, nicht nur einige „Ad-Hoc-Maßnahmen“. Um diese zu erreichen, war viel Kommunikation und internes Engagement nötig, aber es hat sich gelohnt: gab es am Anfang noch einiges Naserümpfen, so ist die strategische Relevanz von Nachhaltigkeit heute bei unseren Mitarbeitern ganz selbstverständlich“.

Yoga vor dem Headquarter der Oberalp-Salewa Gruppe in Bozen Süd

Empower people & engineer gear

Was Nachhaltigkeit ganz konkret bedeutet, zeigt die Oberalp-Salewa Gruppe im eigenen „Company-Sustainability-Report“ auf. „Es gibt zwei große Aktionsfelder: zum einen empower people – darunter verstehen wir alle Personen, mit denen wir in Kontakt kommen, Mitarbeiter, Zulieferer, aber auch die Gesellschaft, in der wir uns bewegen – und zum anderen engineer gear, wo das Hauptaugenmerk auf Produkte und die Produktionsprozesse liegt“, erklärt Ruth Oberrauch. In Aktionsfeld eins fallen zum Beispiel verlängerte Elternurlaube für Mitarbeiter*innen, die Zusammenarbeit mit der FairWearFoundation, eine international agierende NGO welche die  Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie zum Ziel hat oder die aktive Einbindung von 170 Menschen mit Behinderung in die Produktion der Skitouren-Bindungen. In das zweite Aktionsfeld fallen anderseits die Optimierung von Prozessen in der Produktentwicklung und Produktion, die ständige Reduktion von umweltbelastenden Chemikalien, wie z.B. PFC, ein effizientes Ressourcenmanagement oder höchste Standards bei der Verwendung von Produkten tierischer Herkunft wie Wolle oder Gänsefedern. „Natürlich sind damit auch oft höhere Kosten verbunden, wobei gerade in einer Branche wie der Bergsport die Sensibilität für das Thema Nachhaltigkeit sehr groß ist. Sehr positiv finde ich dabei die gute Zusammenarbeit innerhalb der Branche: Im Bereich Nachhaltigkeit pflegen wir einen konstanten  Austausch mit einigen unseren Mitbewerbern, tauschen uns innerhalb von Arbeitsgruppen aus und bringen Projekte gemeinsam weiter. Dadurch haben wir weit mehr Durchschlagskraft und können unsere Interessen und Bestreben vorantreiben“.

Nachhaltigkeit hilft auch bei der Mitarbeiter-Suche

Ein Plus bei der Mitarbeitersuche

Der Augenmerk auf Nachhaltigkeit kommt nicht nur bei den Kunden gut an. „Das „Employer Branding“ war ehrlich gesagt nicht eines unserer anfänglichen Ziele. Aber es ist wirklich erstaunlich wie viel Bewerber den Nachhaltigkeits-Report studieren und als positiven Grund nennen, der Ihr Interesse am Unternehmen zusätzlich verstärkt. Das Gefühl für ein Unternehmen zu arbeiten, das sich für sein Umfeld interessiert, gefällt vielen“, berichtet Ruth Oberrauch, die als Personalverantwortliche im Unternehmen auch diesen Bereich ausgezeichnet kennt. Und wer einmal als Mitarbeiter bei Oberalp eingestiegen ist, konfrontiert sich immer wieder mit dem Thema Nachhaltigkeit: „So gibt es gezielte Schulungen, was Nachhaltigkeit in den verschiedenen Situationen bedeutet: ein Verkäufer geht das Thema anders an als ein Produktentwickler“, weiß Ruth Oberrauch. Besonders Wert liegt Oberalp auch auf Eigeninitiative: „ So haben wir seit Jahren eigene Preise für besondere Leistungen unserer Mitarbeiter in fünf strategischen Bereichen eingeführt: Kreativität und Innovation, Risikobereitschaft, Nachhaltigkeit, ausgezeichnete Ausführung und Prozessentwicklung. Wir vergeben diese Oberalp Company Award einmal jährlich an einzelne Mitarbeiter, Teams oder Projektgruppen“.

Eine Gruppe von jungen Praktikanten der Oberalp-Salewa Gruppe

Weiter einsetzen will sich Ruth Oberrauch auch im Netzwerk mit ihren Unternehmerkolleginnen und –kollegen. „Ich werde immer öfter auf das Thema Nachhaltigkeit angesprochen und wie wir diese Strategie auch konkret umsetzen. Natürlich hat jedes Unternehmen seine Eigenheiten und jede Branche seine Besonderheiten, aber in diesem Bereich sehe ich großes Potenzial für Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch“.